Erstens kommt es anders ..

.. und zweitens als man denkt. So oder ähnlich würde ich wohl ein Buch nennen , welches ich in ferner Zukunft vielleicht einmal über meine Reise schreiben werde.

Gestartet bin ich gestern um 9 Uhr MESZ (8 Uhr local time Guernsey) bei Flut. Nachdem ich die Landabdeckung der Insel verlassen hatte, kamn auch tatsächlich Wind aus SW auf, der mich Richtung festland voran trieb. Auch das sonstige Wetter stimmte. Die Sonne schien, es wurde wärmer und wärmer und der Nebel der letzten Tage hatte sich Gott sei Dank verkrümmelt.

Leider ist mir dann nach etwa zwei Drittel der Strecke nach Perros Guirrec der ohnehin schon mäßige Wind gänzlich abhanden gekommen und ich musste die Fahrt unter Maschine fortsetzen. Dadurch ist meine Gezeitenplanung etwas durcheinander geraten und ich hatte bereits 15 Meilen vor der Küste mit Gegenstrom zu kämpfen. Meinen alten 20 PS Volvo (der zudem nur einen Zweiflügelpropeller hat) möchte ich nicht mehr all zu hoch drehen, so dass ich gerade mal um die 4,5 Knoten Fahrt durchs Wasser machen kann. Bei 2-3 Knoten Gegenstrom bleibt da nicht mehr viel für Fahrt über Grund. Selbst bei Schwachwind bin ich da deutlich schneller unterwegs.

Langer Rede kurzer Sinn, es wurde immer später und ein Anruf beim Hafenmeister in Perros ergab, dass die Docktore dort um 23 Uhr schliessen. Das hätte zwar vielleicht noch knapp geklappt, aber wenn eben nicht, dann hätte ich ein Problem, denn dann bliebe keine Zeit mehr für die Ausfahrt aus der trockenfallenden Einfahrt und ich würde mich auf die Seite legen. Also habe ich entschieden es darauf nicht ankommen zu lassen und mich zunächst nach einem geeigneten Ankerplatz umgesehen.

Davon gab es zwei, die ich allerdings ebenso wie Perros bei völliger Dunlkelheit erreicht hätte und das zwischen all den Untiefen und Felsen. Hinzu kommt, dass ich zum erstenmal in diesem Revier unterwegs bin und daher lieber etwas vorsichtiger unterwegs bin. Gerade wenn hier bei Springzeit an der Küste um die 4-5 Koten Gezeitenstromm auftreten, ist mir das nicht einerlei in einem mir unbekannten Revier zu ankern. Zu guter letzt hätte ich kurz vor erreichen der Ankergründe wieder den Strom mit mir gehabt und es wäre „eine Schande“ gewesen, dass ungenutzt zu lassen und nicht weiter zu fahren.
Also, Entschluß zur weiterfahrt nach Roscoff. Dort – so wurde mir in Guernsey von meinem französischen Päkchen-Nachbar berichtet – soll es eine nagelneue Marina geben, die tiden- und wetterunabhängig angefahren werden kann. Gesagt – getan. Den ungefähren Standort der Marina hatte ich bereits auf Guernesey recherchiert und auf der Karte zur Sicherheit geplottet.

Bei der Anfahrt auf den vermutete Standort der Marina sehe ich nichts .. aber auch garnichts. Keine Feuer, kein Licht, keine Mole , kein garnichts. Nur das grüne Licht des alten Molenkopfes zum Fährterminal blinkt wie in der Karte verzeichnet von seinem Turm herab. Also halte ich darauf zu und fahre erst mal in den alten Fährhafen hinein. Dort sehe ich in einer Ecke eine schwach befeuerte kleine Einfahrt. Da schaue ich doch mal rein. Und siehe da .. ich sehe Masten und Boote an Schwimmstegen die in völliger Dunkelheit hinter eine zwischenzeitlich auch sichtbaren Steinmole liegen. Kurzerhnad fahre ich hinei, lege mich an den erstbesten Schlengel, mache den Motor aus und die AuUgen zu. Auf der Uhr steht halb vier morgens, auf der Logge 78 Meilen.

Heute morgen sehe ich dann, dass es sich tatsächlich um die neue Marina handelt. Alles ist neu. Die Mole, die Stege und die Baustelle rundherum. Es gibt nämlich außer den Stegen keine wirkliche Hafenanlagen oder Infrastruktur. Alles ist noch unfertig und es wird an allen Ecken gebaggert und gehämmert. An den Stegen gibt es zwar Steckdosen aber keien Strom. Wasser klappt auch noch nicht. Der Hafenmeister sitzt in einem Container wie auch die Toiletten und Duschen. Dafür kostet die Nacht aber auch nur 13 Euro.

Nach Roscoff selbst sind es etwa 20 Minuten Fußmarsch, da der Touri-Bus nur bis gestern fuhr. Jetzt sitze ich im durchaus gemütlzichen Zenrum des Ortes, habe eine Suppe gegessen und schreibe euch diese Zeilen. Mal sehen wie es weiter geht. Wind kommt wohl erst mal keiner. Bis Freitag dann wieder ein Tief heran zieht. Ich werde berichten. Ach ja .. Internet gibts im Hafen auch keins, weshalb ich nicht weiß, ob ich heute noch Bilder hochladen kann. Die kommen dann auf jeden Fall später .. Ahoi.

2 Kommentare

  1. @Ralf
    Das klingt in der Tat haarig. So etwas braucht man wirklich nicht. Gut, dass ihr dann zumindest auf die Bordtechnik zurückgreifen konntet. Ahoi und allzeit eine Handbreit .. Guido

  2. Hallo Guido,
    wie ich deinem Bericht entnehmen kann, scheust du kaum ein Risiko. Bei Nirdrigwasser Grundberührung im Wattenmeer und nun Anfahrt in der Nacht in einen Hafen, der nichts anderes ist als eine Baustelle mit schlechter Befeuerung für eine Einfahrt in der Nacht.
    Ich habe mich sofort erinnert, dass wir einmal Nachts bei starken Winden und heftigem Regenschauer die Hafeneinfahrt von Lauterbach auf Rügen nehmen wollten und plötzlich scheinbar jemand den Strom abgeschaltet hat. Stell dir vor, unter diesen Bedingungen absolut keine Lichter mehr zu sehen. Wir haben die Einfahrt -Gott sei Dank- meistern können. Allerdings nur über verbale Kommunikation mit meinem Navigator, der am Navitisch meine Fahrt über den Kartenplotter verfolgte und ich nach seinen Angaben steuerte ohne irgendetwas zu sehen.
    Ich hoffe du bleibst von so etwas verschont. Also, riskier nicht zu viel.
    Freundliche Grüße aus Reken
    Ralf

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