Wo ist nur der Wind…

 

.. diese Frage stelle ich mir nun schon seit fast 10 Tagen. Zwar kommt zwischendurch immer wieder mal  eine Brise auf, aber von stabilen und guten Windverhältnissen kann momentan echt kein Rede sein. Laut Ruth segle ich seit Tagen wohl mehr oder weniger im Kern eines Schwachwindfeldes mit. Selbst mein großzügiges ausweichen nach Südwest – wo laut meinen GRIB-Files – mit etwas mehr Wind zu rechnen war, hat bislang keine wirkliche Verbesserung gebracht.

So eiere  ich also seit mittlerweile 10 Tagen über den Atlantik und habe zwischendurch manchmal das Gefühl, ich würde nie ankommen ,-). Letzte Nacht war der Wind ab Mitternacht für gute 9 Stunden komplett weg .. also wirklich null komma null. Nichts ging mehr. Die Segel schlugen jämmerlich, die Cape rollte und gierte in der Restwelle hin und her und an einen geruhsamen Schlaf war nicht mehr zu denken. Also entschied ich mich, für längere Zeit die Maschine einzuschalten. Gesagt – getan. Bis heute morgen um 8.30 Uhr lief also mein 19 PS Power-Diesel und schob die Carpe gemütlich durch die sanfte Dünung. Das tolle an solch einer Flaute ist die absolute und totale  Ruhe die dann aufkommt. Kein Geräusch ist mehr zu vernehmen. Das ist für einen Mitteleuropäer gar nicht so einfach zu verstehen. Kennt man soche Situationen ja eigentlich überhaupt nicht mehr. Kein Auto-Brummen, kein Flugzeug, kein Wind, kein Wellenrauschen, kein Radio, kein Fernsehen, kein gar nichts …
nur Stille. Einfach toll .. wären da nur nicht die noch knapp 1300 Seemeilen die ich zu absolvieren habe ,-).

Heute morgen kam dann wieder eine leichte Brise auf, die es uns erlaubte, ohne Machine mit wahnsinnigen 3 Knoten über Grund Richtung West zu „fliegen“. Aber ich will nicht meckern. Mir gehts gut und ich bin entspannt. So eine lange ruhige Phase habe ich mir während der vielen Starkwindzeiten ja eigenlich immer mal gewünscht. Und nun ist sie eben da. Ich nutze die  Zeit zum lesen, schlafen, kochen (also so richtig mit Kartoffeln schälen und so), ich filme viel und mache fleissig Bilder.

Das Radio ist mittlerweile zu einem meiner wichtigsten Gefährten geworden. So halten mich die Kollegen von BBC World täglich von morgens bis abends auf dem laufenden. Ein komisches Gefühl hier auf dem Ozean zu sitzen und zeitgleich von Kriegen in Afrika und Hubschrauber-Abstürzen in London zu hören. Irgendwie bin ich gerade ganz woanders. Apropos Radio. Ich finde es ganz bemerkenswert, aus einem Land zu kommen, welches sich selbst als eine der führenden WiIrtschafts- und Technologie-Nationen dieses Planeten bezeichnet , aber nicht in der Lage ist, ein deutschsprachiges Radio-Programm auf Kurzwelle auszustrahlen. Ich kann hier zig chinesische, indische, afrikanische und arabische Sender empfangen. Aus Europa sind ebenfalls alle am Start, insbesondere die Engländer und Franzosen. Ja sogar die Rumänen haben ein eigenes Kurzwellen-Programm. Aber Deutschland oder deutsch als Sprache ? Nix zu machen …

Die Entscheidung, auf den Kapverden eine längere Pause einzuschieben war übrigens genau die Richtige. Ich glaube ohne diese Pause würde ich die Überfahrt nicht so angehen und geniessen können, wie ich es gerade tue. Besonders die Zeit mit Ruth war ein echter Stimmungsaufheller für mich. Nun bin ich guter Dinge und freue mich auf das türkisblaue Wasser der Karibik. Ahoi …

Achso .. heute Mittag habe ich übrigens das erste andere Schiff gesichtet. Ein Mega-Frachter oder Tanker, der in etwa 2 Seemeilen Entfernung und mit einem Affenzahn an mir vorbei gerauscht ist. Ich bin also doch nicht so alle ,-).
Und hier noch die aktuellen Etmale:
Tag 15: 105 Seemeilen
Tag 16: 102 Seemeilen
Tag 17: 81 Seemeilen
Geht leider grad nicht schneller ,-). Bis denne ..

8 Kommentare

  1. „…Die Entscheidung, auf den Kapverden eine längere Pause einzuschieben war übrigens genau die Richtige. Ich glaube ohne diese Pause würde ich die Überfahrt nicht so angehen und geniessen können, wie ich es gerade tue… “

    Lieber Guido,
    Schön, dass Du Deine Gelassenheit gefunden hast.
    Ich war heute bei meinem Boot im kalten Hamburg. Handschuhe und Mütze. Ich würde jetzt auch gerne in südlichen Gefilden segeln…

    Liebe Grüße
    Klaus

  2. Morje Giggo,

    Fakt ist, die wichtigen „Dinge“ funktionieren. Und den Rest sollten wir nehmen,
    wie er kommt…………….

    Wir denken an dich,

    Gruß,
    die Kaktusbande

    P.S. Marius hatte nix gegen dein langsames Fahren am Tag 8.

  3. Moin Guido,

    du hörst dich gut an, das ist das wichtigste.
    Danke für die Schilderung deiner Eindrücke und für die „elektronische“ Teilhabe
    an deinem Törn.
    Ab Sonntag sollte, den Wettermodellen nach zu urteilen Schluß mit der Eierei sein.
    Wird auch Zeit denn der 19. Tag ist auch meiner…also leg dich in die Riemen! :-)

    Peter

  4. Ahoi!
    Naja, ne Transatlantik-Rallye ist im Vergleich zu Guidos Genußtour ja so als würde ich die Dakar mit meinem Moppedfahren vergleichen… :-D
    Und so wie Guido würde ich sowas auch angehen, die Stille genießen, es wird früh genug wieder laut&hektisch!
    Hab Spaß!

    Frank

  5. Hi Guido ich kann nur sagen thats life. Wenn man gelesen hat, wie die Teilnehmer der Atlantik Rallay sich zu Anfang mit Srurm und Regen abmühen mußten, dann bist Du noch gut dran. Übrigens der schnellste war in 12 Tagen und etwas mehr drüben. Also halt die >Ohren steif und weiterhin alles Gute Owiplön

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