Halbzeit

Gestern morgen war es soweit. Nach gut 12 Seetagen habe ich gestern früh die geographische Mitte meines Weges in die Karibik passiert. Den entsprechenden Wegpunkt hatte ich schon kurze Zeit nach meinen auslaufen von den Kapverden in die Karte eingezeichnet. Seither hatte ich mitunter das Gefühl, dass ich diesen Punkt wohl nie erreichen würde ,-). Schliesslich waren die ersten 10 Tage auf See wahrlich nicht mit übermäßigem Wind gesegnet. Vielmehr hatte ich zumeist sehr schwachen und unsteten Wind aus verschiedenen Richtungen. An 3 Tagen dann sogar zeitweise Vollflaute, in der dann gar nichts mehr ging.

Seit zwei Tagen ist der Passat nun wieder zurück und bläst mit konstant 15-20 Knoten aus Nordost. Das ist für ein gutes Vorankommen gut. Wäre da nicht die hohe und steile Welle, die seit gestern gute 3-4 Meter Höhe hat. Die Höchsten schätze ich durchaus auf über 5 Meter. Der Windpilot hat damit so seine liebe Mühe und schafft es nicht immer, die Carpe genau auf Kurs zu halten. Von dem elenden rollen und gieren mal ganz abgesehen. Das geht manchmal echt an die Nerven. Mehr als einmal ist der „blaue Max“ schon hinten ins Cockpit eingestiegen. Aber dieses mal hatte ich wenigstens meine Kojen-Luke zu. Diese Lektion habe ich gerlernt ;-).

Am Freitag habe ich Bekanntschaft mit einem sogenannten „Squall“ gemacht. Ich hoffe, dass ich das jetzt richtig in Erinnerung habe und diese Dinger tatsächlich auch „Squall“ heissen. Auf jeden Fall meine ich so eine lokale Gewitterzelle die aus dem Nichts auftaucht, ordentlich Wind und Regen bringt und zudem auch einen Windsprung von sage und schreibe 90 Grad. Der Freitag war ja noch ein ziemlicher Schwachwindtag. Da staunte ich nicht schlecht, als ich am Horizont plötzlich eine dunkle Zelle auf mich zurauschen sah. Schnell habe ich also den Spi-Baum geborgen und alle Luken und Schotten geschlossen. Nach 5 Minuten war es dann soweit. Böen bis zu geschätzten 7 Beaufort und ein Regen wie unter der Dusche. Ich konnte das ganze Schauspiel ganz gut auf Film bannen. Vielleicht für den ein oder anderen ganz interessant.

Ansonsten gehts mir gut und die jetzige, lange, Etappe ist von der Stimmung her gar kein Vergleich mehr zu der schweren Zeit von den Kanaren zu den Kapverden. Ich bin jetzt wirklich auf dem Ozean angekommen und bin in der Zwischenzeit in so eine Art Bord-Rythmus verfallen. So habe ich meine täglichen Rituale um mir die Tage nicht zu lang werden zu lassen. Bislang klappt das wirklich gut. Durch die hohen Wellen und das starke rollen ist das schlafen allerdings wieder etwas schwieriger geworden. Das war während der Flaute natürlich ein Vorteil.

Im Radio wird gerade Barack Obama vereidigt. Nachher kommt noch ein Premiere League Spiel auf BBC. Das werde ich mir auch mal anhören. Habe sonst noch nix vor ,-). Ach ja. Eine Sache wollte ich noch berichten. Vorgestern saß ich im Cockpit und telefonierte gerade mit Ruth, als plötzlich unmittelbar neben der Carpe ein riesiges weisses Etwas aus dem Wasser schoss und mit einem grossen Platscher wieder in selbigem verschwand. Das ganze ging so schnell , dass ich gar nicht recht erkennen konnte, worum es sich gehandelt hat. Spontan dachte ich allerdings an einen Hai oder ähnliches. Sicher zwei Meter lang und wirklich schneeweiss. Der Hammer. Leider hat sich das Schaupsiel dann nicht noch einmal wiederholt. Dafür habe ich nach wie vor einen tierischen Begleiter in Gestalt eines Seevogels. Meist alleine aber auch mal mit ein paar Kumpels dreht dieser Tag für Tag seine Runden um die Carpe. Manchmal gesellen sich noch ein, zwei andere – weisse – Vögel mit langen Schwanzfedern hinzu. Vögel .. mitten auf dem Atlantik. Hätte ich nicht erwartet. Wo legen die denn ihre Eier und was trinken die nur ? Die Ornithologen unter euch können mich da ja mal aufklären. Anonsten sammele ich nach wie vor jeden Tag ein paar tote fliegende Fische vom Deck ein, um sie der Seebastattung zuzuführen.

Und hier noch die letzten Etmale:

Tag 18:  109 Seemeilen
Tag 19: 104 Seemeilen
Tag 20: 126 Seemeilen
Tag 21: 115 Seemeilen

Also dann. Noch gut 800 Meilen bis Barbados, wo ich wohl als erstes Station machen werde. Schätze das ich das in 7 bis 8 Tagen schaffen sollte. Bis dahin .. Ahoi !

3 Kommentare

  1. Hallo Guido. Die toten fliegenden Fische sollteste an irgend einen Haken hängen und hinter Dir her treiben (schleppen) lassen. Vielleicht fängste ja damit mal einen kleinen Thunfisch oder eine schöne Goldmakrele. Das bringt dann auch Abwechslung auf den Speiseplan und vertreibt Dir die Langeweile in den flauen Stunden. Ich verstehe eh nicht, warum Du keine gute Schleppangel an Board hast.
    Ansonsten weiterhin gute „Fahrt“ udn sonnige Grüße aus der Karibik.
    Harry

  2. Na da freu ich mich ja jetzt schon auf Dein Squall-Video. Die „letzten“ 800 Seemeilen sitzt Du ja auf der linken A-Backe ab. Wind ist ja jetzt endlich da.
    Ich frage mich gerade ob das Rollen des Bootes bei einem Langkieler eher besser/weniger vorhanden wäre?
    Weiterhin Gute Reise wünscht Dir
    Thomas

  3. Moin Guido,

    wünsche Dir weiterhin gute Überfahrt für die letzten 1,5 Wochen und noch ein paar interessante Begegnungen mit evtl. Belugas? Bin gespannt auf die Videos,

    es grüsst aus dem kalten Norddeutschland,

    Helge

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