Eine Steckdose

Takk zusammen! Wie versprochen hier also ein paar aktuelle Zeilen aus dem hohen Norden, genauer gesagt aus Vardoe (ich habe noch immer keine Ahnung wie ich das mit dem durchgestrichenen O auf der Tastatur hinbekomme). Draußen hats gerade angefangen zu pullern und der gemeldete Starkwind aus West beginnnt auch zu blasen. Benannter Westwind ist auch der Grund warum ich noch hier bin. Denn schließlich ist West und später Süd sowas wie miene Generalkurs für die nächsten Wochen. Mal schauen obs morgen besser passt. Stress mache ich mir hier jedenfalls keinen mehr. Der unangenehme Zeitdruck den ich zuletzt in Russland hatte reicht mir erst mal. Nun gilt es langsam und gemütlich voran zu kommen. Hier und da wirds auch mal wieder einen längeren Schlag brauchen .. aber in der Ruhe liegt die Kraft.

Nach meiner Landung im kühlen Kirkenes habe ich den Dienstag mit ein paar kleineren Arbeiten an Carpe und einem Einkauf verbracht. Am späten Abend gings dann mit der Tide los Richtung Vardoe. Die Nächte sind mittlerweile zwar noch nicht ganz duster, aber deutlich dunkler als noch vor Wochen. Also schön Ausguck nach den vielen Mooringbojen und den daran befestigten Booten halten. Der Wind soll eigentlich aus West blasen und später leicht rückdrehen. Als ich den Ausgang des Kirkenesfjords erreiche, bläst es allerdings mit guten 5 Beautfort genau aus Südsüdwest. Datt mit dem Wetter hier ist schon echt ne Nummer. Die Vorhersagen kann man wirklich nur als groben Anhaltspunkt nehmen. Alles was über einen Tag hinaushgeht ist zudem reine Kaffeesatzleserei. Aber wurscht. Ich setze die Genua und lasse Carpe die Zügel. Mit der Tide laufen wir so mit 7-8 Knoten über Grund Kurs 40 Grad. Zeit für ein Nickerchen. Unter Deck ist es nicht nur frisch, sondern schweinekalt. Kälter als draußen im Wind. Das muss an dem kalten Wasser der Barentsee liegen. Jedenfalls bibbere ich mir trotz mehrere Lagen Thermowäsche ganz schön einen ab. Alle halbe Stunde schaue ich nach dem rechten. Denn hier gibts doch ein paar Fischer die kreuz und quer fahren und ihre Netze einsammeln. Und apropos Netze. Ab hier muss man auch wieder nach den vielen Reusen und Stellnetzen Ausschau halten. Neben den bekannten Fähnchen schwimmen daneben auch eine ganze Reihe großer Bojen die das ganze bei Tageslicht recht gut erkennbar machen. Ich vermute hier wird hauptsächlich nach Königskrabben gesucht. Jedenfalls werden die hier an jeder Ecke angeboten und die großen Fangkörbe mit ihren unendlich langen Leinen stehen auch überall an Land herum. Kurz vor Vardoe muss ich dann noch etwas anluven und kann endlich das Groß zur Genua nehmen. Jetzt läufts auch gegen die zwischenzeitlich gekenterte Tide gut und schnell. Die Sonne ist mittlerweile auch aufgegangen und meine Stille Sehnsucht nach dem Heizlüfter verschwindet mit den schnell steigenden Temperaturen immer mehr. Im Hafen von Vardoe komme ich dann sogar regelrecht ins schwitzen, als ich mir zwischen den vielen Fischerbooten ein freies Plätzchen suchen muss. Am Ende stehen Carpe und ich eingkeilt zwischen Duzenden Trawlern und kleineren Fischerbooten. Gemütlich ist es hier und interessant zudem. Denn hier passiert eigentlich die ganz Zeit etwas. Mein eigentliches Highlight ist aber die Steckdose am Steg. Ja genau !! Am Steg gibt es eine Steckdose wie man sie aus Marinas und Sportboothäfen (meine Güte ist das lange her :-)) kennt. Sowas habe ich seit St. Petersburg nicht mehr gesehen. Selbst in Kirkenes gabs keinen Strom am Ponton. Was für ein Luxus.

Nach einen Schläfchen bin ich dann noch ne Runde durch den Ort. Eine typisch nordisches Städtchen. Alles ist relativ einfach und wirkt grob. Das wird nicht zuletzt den hier sehr strengen Wintern geschuldet sein. Da bleibt kein Platz für irgendwelchen Firlefanz. Mir gefällts hier dennoch gut. Ich habe ein Fable für die nordische Einfachheit und die raue Schönheit der Natur. Den Tag lasse ich dann bei einem Asia-Imbiss und später an Bord ausklingen.

Heute habe ich dann mal etwas klar Schiff gemacht und mein Druckwassersystem nach einem vermeintlichen Leck abgesucht. Leider brummt nämlich meine Wasserpumpe alle paar Minuten, um den Druckverlust im System auszugleichen. Ich glaube ich habe es mittlweile gefunden. Die blöde Heckdusche mal wieder. Alles nur Plaste und Elaste. Das kann ja auf Dauer nicht dicht sein. Der hölzerne Leckstopfen steckt jetzt im Schlauch und quillt langsam vor sich hin. Mal schauen obs nachher dicht ist. Ansonsten muss ich andere Maßnahmen ergreifen. Wenn das Wetter nicht noch derber wird, will ich nachher auch nochmal in den Ort ins Internet, watt dillen (so sagt man in Koblenz zum essen :-)) und vielleicht auch mal die lokale Feste und das berühmte Hexen-Memorial besuchen.

Also dann .. ich bin wieder unterwegs. Auch wenns mir hier und da noch schwerfällt, glaube ich mittlerweile auch, dass das hier vielleicht gar nicht so schlecht für mich und meine Rübe ist. Ahoi !

6 Kommentare

  1. Fein, dass Du wieder unterwegs bist, Deine Bericht finde ich ok, mehr muss erstmal nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass Du in dieser Hinsicht unter Druck bist. Vergiss es. Mach‘ wie es für Dich passt und gut ist das.
    Gruß Klaus

  2. Moin,
    zunächst wünsche ich Dr einen guten weiteren Törnverlauf! Und vor alles, dass Du weiter die Kraft hast, den Verlust Deines Vaters zu verarbeiten! Alles Gute!
    Und nun zu meinem Tipp:
    ø = ALT (gedrückt halten) 155 (auf dem Nummernblock)
    Ø = ALT (gedrückt halten) 0126 (auf dem Nummernblock)
    Nur blöd beim Laptop ohne Nummernblock…
    Ich freue mich auf weiter schöne Berichte!
    Grüße, Rainer

  3. Spracheinstellung in Windows, kannst Du auf alle Sprachen der Welt ändern. Norsk bokmål ist die richtige Einstellung.
    Gruss aus Sunndalsøra Norge
    Andre Guldenhaupt

  4. Hallo Guido,

    schön, dass es für Dich in mehrfacher Hinsicht voran geht. Der Blick zurück mag schmerzen, aber auch der wird irgendwann der Dankbarkeit weichen!

    Ich wünsche Dir einen perfekten weiteren Törnverlauf und uns die ein oder andere interessante Zeile hier in Deinem Blog.

    Viele Grüße aus Bielefeld
    Wolfram

  5. Ach Guido, ist dass schön, dass ich nicht der Einzigste bin der diese blöden Plaste-heckduschen nicht so prickelnd findet. Ich hatte bei meinem letztes Jahr total neu ausgelieferten Boot genau das Problem, ständig Wasser in der Bilge und eine Druckwasserpumpe die immer mal angesprungen ist…. Nur hat es bei mir der Hilfe von Frost bedurft bis ich wusste was los ist. Dieses Frühjahr ging die Pumpe gar nicht mehr aus, total zerbröselt die Dusche und – wie Du- Holzstopfen als Reparatur- wunderbar.

    Was macht denn Deine Dieselheizung?
    Sei Tapfer in der Kälte und Gute Weiterreise.
    Herzlichst
    Ingo

    • Hi, ja datt is echt ne Scheisskonstruktion. Habe jetzt ne Feingewindeschraube in den Schlauch gedreht und Ruhe is. Die Dieselheizung schlägt sich wacker und rattert vor sich hin. Wenns Landstrom gibt habe ich aber nen Heizlüfter. Der ist besser zu regulieren, weil die Dieelheizung nur zwei Stellungen kennt. Affenhitze oder aus. Ahoi !

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