Wo sind die Pontons ?

Diese Frage habe ich mir gestern gestellt, als ich nach gut 9 Stunden Fahrt in Batsfjord angekommen bin. Es war mittlerweile halb zehn abends und schon ziemlich dunkel, als ich in den großen Fischerei- und Frachthafen eingelaufen bin. Laut meinem für teures Geld gekauften Revierführer (1000 Orte und so weiter) sollen hier am Ende des Hafenbeckens drei Schwimmstege sein, die der örtliche Bootsclub für seine Mitglieder aber auch Gäste bereitstellt. Als ich dann das Ende des langgezogenen Beckens erreiche schaue ich erst mal blöd drein. Denn da is außer Wasser nix. Noch einmal schaue ich auf der Karte nach, ob ich nicht vielleicht in den falschen Fjord eingebogen bin. Aber ich bin richtig, nur die besagten Stege fehlen. Das einizge was noch da ist sind die alten die alten Zugänge zu der Anlage an Land. „Watt soll der Scheiß jetzt ?“, knötere ich prompt. Außerdem schwillt mir langsam der Kamm. Den das Revierhandbuch bietet nicht zum ersten mal falsche bzw. unzureichende Infos. Gut das ich noch Ersatz von Judy Lomax und den großen grünen Havneguide habe. Den darin finden sich gleich zwei Hinweise auf einen weiteren Steg im nördlichen Becken des Hafens. Also drehe ich um 180 Grad und fahre in das kleine Becken. Dort dann tatsächlich ein Schwimmponton mit Fingerstegen. Allerdings sind alle Plätze durch Fischerboote besetzt. Nur am Kopf der Anlage finde ich noch ein Plätzchen. Hier sind zwar auch Fender angebracht und es liegen einige Leinen auf dem Ponton, aber das ist mir jetzt echt Latte. Also festgemacht und erst mal durchgeschnauft. Die Fahrt war zwar nicht besonders lang aber wegen des wechselhaften Winds und vor allem der Kälte anstrengend. Um 13 Uhr war ich aus Vardoe aufgebrochen und mit der aufkommenden Tide und Brise Kurs 315 Grad gefahren. Da der Wind mal wieder genau vom Popo weht, nur mit ausgebaumter Genua. Schmetterling geht mit Windpilot und der trotz schwächelndem Wind ordentlichen achterlichen Welle nicht wirklich. Dann ist der Wind an, aus, an, aus. Erst am späteren Nachmittag stabilisiert sich die Brise und damit auch unsere Fahrt. An Backbord zieht die schroffe und bergige Küste vorbei. Zwischendurch geht’s immer wirder mal in einen Fjord. Sehr schön und imposant zugleich. Unter Deck ist es derweil mal wieder wie im Kühlschrank. Aber so iss datt nun mal im hohen Norden und ich will da nicht zu viel meckern. Etwas später taucht dann hinter mir die „Konig Harald“ auf. Ein Schiff der Hurtigrutenflotte, das genau auf mich zu halten. Also funke ich vorsichtshalber mal den Kapitän an der sich auch brav bedankt. Scheinbar haben die mich tatsächlich noch nicht gesehen. 30 Minuten später zieht der Koloss dann ebenfalls backbord an mir vorbei. An Deck ein paar versprengte Touristen die mir freundlich winken. „Was es da wohl heute zu essen gibt ?“, frage ich mich wie üblich kurz. Im Batsfjord, der zu gleichnamigem Ort führt, weht der Wind dann wieder genau auf die Nase. Also nutze ich für die letzten 5 Meilen den Jockel, bis sich im Hafen oben genanntes zugetragen hat. Als ich an Land bin suche ich auf den umstehenden Fischerbooten nach irgendjemandem, der mir Auskunft geben kann, ob ich hier stehen bleiben kann. Ich habe nämlich kein Bock mitten in der Nach geweckt zu werden und dann hier rumzumanövrieren. Aber obwohl auf den Kähnen alle Lichter brennen, die Plotter brummen und sogar ein Radio läuft, sind keine Menschen an Bord. Vielleicht hängen die gerade in dem nahen Pub rum, der auf der anderen Seite des Hafens Licht macht. Also suche ich weiter und finde in einer kleinen Holzbaracke Eugene. Ein Ukrainer der gerade mit seiner Familie chattet. Dazu stehen eben diese Holzboxen im Hafen rum. Darin Strom, ein Tisch mit Stuhl und viel Charme der 70er. Ich frage also ob mir Eugene helfen kann und ob ich da wovich bin bleiben kann. Eugene sagt alle 5 Sekunden OKAY, bis ich irgendwann bemerke, dass er mich überhaupt nicht versteht. Geil. Dafür kann ich meine neu erlernten russischen Sprachbrocken jetzt nutzen, um mein Problem zu schildern. Und siehe da, er will sich bei seinem eigenen Kapitän erkundigen und mir morgen Bescheid geben. Er selbst ist nämlich auf einem der vielen russischen Trawler Matrose, die hier im Hafen vor sich hin stehen und teilweise rotten. Heute morgen war er dann auch tatsächlich da. Ich könne bleiben, müsse aber bei der Polizei einklarieren. Geld gebe es um die Ecke beim Automat und ein Supermarkt sei auch nicht weit. Sehr nett und hilfsbereit die Russen (oder Ukrainer), wie üblich. Das mit dem Einklarieren ist allerdings Kappes. Denn erstens reise ich ja nicht ein und bin außerdem Bewohner des Schengenraums. Anyway …

Der Ort ist wie Vardoe, urig und rau. Der Supermarkt ist gut sortiert und in der Bäckerei kann man sich so viel Kaffee reinschütten wie hineinpasst. Jetzt sitze ich Carpes Bauch während es leise tröpfelt und bei der gegenwärtigen Flaute plötzlich sehr warm ist. Merkwürdig. Morgen früh geht’s dann für mich los Richtung Nordkap. Gute 90 Meilen will ich entlang der Nordküste segeln, um dann abzufallen und den Hafen von Honningsvag anzusteuern. Der liegt an der südlichen Küste des „Nordkap“ Inselchens. Ob ich das Kap anschließend wirklich nördlich runde, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht. Erstens wäre das ein ganz schöner Umweg. Und zweitens bin ich ja ohnehin schon die ganze Zeit auf dem Breitengrad des Kaps unterwegs. Im Grunde wäre das nur für die Galerie und ein weiterer Felsen den ich an Backnord liegen lasse. Der Weg durch den Sund im Süden ist zudem kürzer und ruhiger. Denn bei dem angesagten steifen Wind der nächsten Tage wird’s mit der Welle auf See aber insbesondere am steil aufsteigenden Festlandschelf schon wieder ganz schön knackig. Also dann. Wir werden sehen .. bis denne .. Ahoi !

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